"Loslassen"

 Es gibt manchmal Floskeln, die wir so verwenden, ohne uns zu überlegen, was wir eigentlich damit sagen, meinen oder auslösen.

 

«Loslassen, du musst loslassen.»

 

Ehm? Also wie? Was denn?

 

Oft fällt dieser Satz, bewusst oder manchmal wohl auch unbewusst, im Gespräch mit Eltern, unter der Geburt oder sehr oft dann, wenn die Bebe's auf sich warten lassen... «Loslassen» - im wortwörtlichen das erste «Abnabeln» des so gut behüteten Geschenks, welches 40 Wochen unter dem Herzen getragen wurde – ja, dies muss die werdende Mutter tatsächlich loslassen.

 

Und das andere, was manchmal auch den gewünschten Geburtsbeginn oder -fortschritt behindert, sind Bilder, Erwartungen - und fehlendes Vertrauen. Vertrauen in sich, die Menschen drum herum - und auch ein wenig ins Universum…

 

Vertrauen oder anders gesagt: die Akzeptanz des Nicht-Wissens, und die bewusste Entscheidung nicht kontrollieren zu wollen, was wir sowieso nicht kontrollieren können. Es ist wunderbar, einen Lebensentwurf zu haben, den Träume sind die entscheidende Kraft durchs Leben. Aber sich nebst den Plänen dem Fluss des Lebens hingeben zu können – zu müssen – dies ist wohl das Vertrauen, das es irgendwie alles schon seine Ordnung und Richtigkeit hat.

 

Vertrauen ist ja auch etwas Komisches: den uns allen ist bewusst, dass uns zu jeder Zeit Gefahren lauern, das Leben ist nun einmal gefährlich - und im Endeffekt auch tödlich. Unser Kopf sagt uns dies, es kann zu jeder Zeit etwas passieren – aber wir sind nicht konstant gestresst, oder? Hoffentlich nicht.

Den genauso wie es die tausend Stimmen unseres Verstandes gibt, welche uns eben diese Gefahren vor Augen führen, so gibt es da auch ein Gefühl, das wir vielleicht nicht einmal in Worte fassen können: Alles hat irgendwie seine Richtigkeit. Und das wir einfach tief durchatmen und uns entspannen können.

 

Vertrauen. Einatmen, ausatmen. 

 

Wir erschaffen unsere Welt durch unsere eigene Wahrnehmung. Wir sind es, welche unseren Erfahrungen eine Bedeutung zuordnen. In der schnelllebigen Zeit ist es unheimlich schwer, zu filtern, was nun gerade wichtig ist und uns einen gesunden Boden gibt. Was hindert uns daran, auf die Stimme unseres Herzens zu hören, loszulassen und einfach mit dem Leben zu fliessen? Warum darf das Leben nicht mal leicht sein?

Jedes vermeintliche Problem ist im Prinzip eine Einladung an uns mehr zu vertrauen und den sinnlosen Wunsch nach Kontrolle aufzugeben.

 

Unser Körper ist ein Wunderwerk, immer, zu jeder Zeit, vom ersten bis zum letzten Atemzug. Und aus Sicht einer Hebamme natürlich im speziellen rund ums Mutter werden. Wir können eben nur «loslassen»… annehmen, was da ist, was da «tut» - und einatmen, ausatmen…. Und eben, um loszulassen, braucht es Vertrauen, in das grosse Ganze - wie auch immer wie wir diesem sagen oder woran wir glauben.

 

Das Leben lässt sich nicht kontrollieren. Leider. Und wenn wir es dennoch mit aller Macht versuchen, dann wird das Schwimmen gegen den grossen «Fluss des Lebens» unglaublich kräftezerrend.

 

Alles ist gut, selbst das was deinen Erwartungen widerstrebt.

Und oft fügen sich dann die Dinge, wenn wir einfach loslassen und aufhören, zu kämpfen.

 

"Loslassen" – und einatmen, ausatmen.

 



Übrigens: ganz viele tolle und inspirierende Texte finde ich (und nun auch du😉) hier: https://www.dein-fussabdruck.de/blog/ 

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Kommentare: 2
  • #1

    Amélie (Dienstag, 25 Januar 2022 20:03)

    Schööön gschriebe - Balsam für dSeel <3!

  • #2

    Christine Weibel (Freitag, 16 September 2022 11:25)

    Liebe Hebammen
    Bin gerade auf eure Seite gestossen - wie schön!
    Wunderbarer Text.
    Viel Erfolg Euch allen!