Oft rede ich mit den Frauen über die bevorstehende Geburt und ermutige sie. Die «Bergtour» sage ich dann, sie wird vielleicht streng sein - streng für dich, das Bebe, den Papa, allenfalls auch für mich. Du hast aber die Kraft, die innere Kraft den Gipfel zu erreichen. Sei dir bewusst, du gehst nicht alleine, wir werden da sein. Wir werden dich motivieren, dich unterstützen, dir den Rucksack abnehmen, dich sichern und schützen, wo es nötig ist. Wir können jederzeit auch Pausen einlegen. (…)
Und am Ende, ja am Ende werden wir oben sein, auf dem Gipfel. Und du – Du hast es geschafft.
Berge haben so etwas starkes, robustes, mächtiges und mystisches. Für mich hat – unschwer zu erkennen auf meinem Logo – der Niesen eine ganz persönliche und spezielle Bedeutung – und ich wohne an dessen Fusse.
Ich durfte in den vergangenen Tagen meine Ausbildung in Trauerbegleitung beginnen. Und ich habe ganz fest gespürt, wie man sich nahe ist, wenn man sich gegenseitig Trost spendet und wie eine bisher unbekannte Gruppe von Menschen trotz der virtuellen Begegnungszone zu Weggefährten wird – ja, zu einer "Seilschaft". Es ist so wichtig, zu wissen, dass Leute da sind, welche auf unser Bitten hin Halt geben, wenn's steil oder unbequem wird. Welche uns leiten und führen durch Nebel, Sturm und Sumpf. Und uns einfach nur bestärken und uns sagen: einen Schritt nach dem Anderen.
Wie schön, dieser Gedanke.
Ja, das Leben zehrt manchmal ganz fest an unserem "Lebensseil". Mal wird dieses Seil spröde, abgenutzt, und droht zu reissen. Und genau dann ist es so schön zu wissen, dass da Menschen sein werden, welche dieses Seil halten, uns auf dieser endlos scheinenden "Bergtour des Lebens" etwas Sicherung geben. Sicherheit, dass wir nicht fallen.
Die Geburt, eine Bergtour. Deren Höhepunkt: der Gipfel. Aufsteigen, durchhalten, geduldig und unwissend sich einlassen, zuwarten, vertrauen. Vieles, was auch im Prozess des Sterbens und Trauerns zutrifft.
Was wir brauchen, und dies ist mir einmal mehr klar geworden, sind Menschen, welche vertrauensvoll neben uns gehen. Uns ab und zu den Weg weisen, uns bestärken, das Richtige zu tun, und die uns immer mal wieder sichern. Unser Seil halten, wenn es dünner wird, wenn der Wind des Lebens daran zerrt oder die Bergtour unerwartet und unvorbereitet doch steiler wird…
Ich wünsche euch allen, dass ihr auf all euren Touren, kleineren wie grösseren, mit Vertrauen und gestärkt im Glauben an eure inneren Kräfte, gehen könnt – mit der wunderbaren Gewissheit, dass da Menschen sein werden, welche sichern, und Halt geben.
Danke, liebe Freunde, liebe Familie – ich bin dankbar und es erfüllt mich mit unheimlichem Stolz und mit grosser Liebe, euch als meine Seilschaft an meiner Seite zu wissen.
Nadine